Von Theresia Crone, Klimaaktivistin
Mit dem Smartphone zur Klimademo
Ja, ich bin Klimaaktivistin.
Bevor jetzt irgendwer anfängt, wuterfüllte Facebook-Kommentare zu schreiben, lasst mich eines gesagt haben: Normalerweise freue ich mich über Kritik, weil das bedeutet, dass Leute sich mit dem Klimawandel auseinandersetzen. Am Anfang waren das oft Kommentare wie:
„Ich finde es gut, dass ihr auf den Klimawandel aufmerksam macht, aber ich habe das Gefühl, ihr berücksichtigt wirtschaftliche Interessen nicht ausreichend.“
Mittlerweile sieht Kritik eher so aus, dass in Telegram-Gruppen zum „Kommentieren“ aufgerufen wird. Ein Argument höre ich dann besonders oft und darauf habe ich wirklich keine Lust mehr. Sätze wie:
„Sich als Klimaaktivistin bezeichnen, aber ein Smartphone besitzen. Das ist Doppelmoral!“
Als Teil der Generation Z besitze ich selbstverständlich ein Smartphone. Ehrlich gesagt weiß ich auch gar nicht mehr wie meine Vorfahren ohne Handy und Google Maps den nächsten Supermarkt gefunden haben. Smartphones sind natürlich alles andere als nachhaltig. Trotzdem kann ich mich für die Umwelt einsetzen, ohne ökologisch „perfekt“ zu sein.
Wir brauchen Konsumbewusstsein, klar. Jede(r) sollte soviel zur Lösung der Nachhaltigkeitskrise beitragen, wie er oder sie kann. Dabei darf aber niemand Perfektionismus im Konsumverhalten erwarten, bevor man sich öffentlich zu den viel größeren Problemen äußern darf.
Denn auch das müssen wir uns eingestehen: die größeren Hebel liegen in der Wirtschaft und in der Politik. Ohne gesamtgesellschaftlichen Wandel, ohne eine neue Art des Wirtschaftens und des Verbrauchens, werden wir in weitere Pandemien rasen. Küstengebiete werden vom Meeresspiegel verschluckt, Naturkatastrophen zur Normalität. Kurz gesagt: Wir verlieren unsere Lebensgrundlagen.
Die Verantwortung für diesen Notfall einzig auf den Konsumenten abzuschieben, verkennt die Dramatik der Situation. Trotzdem hat jede(r) von uns eine Verantwortung gegenüber dem Planeten und zukünftigen Generationen – nur eben nicht als Konsument, sondern als Mensch. Ein Konsument kann nur entscheiden, was er oder sie kaufen möchte, was nicht. Ein Mensch hat darüber hinaus eine Stimme zum laut sein, eine Hand zum Anpacken und vor allem den Verstand, um zu erkennen, wie man persönlich den besten Beitrag leisten kann.
Menschen, die also dazu neigen, besoffen auf Facebook ihr Unwesen zu treiben und gerne mit vielen Großbuchstaben arbeiten, dürfen sich gerne die Frage stellen, ob diese Art des „politischen“ Engagements wirklich etwas bewegt. Die analoge Version dieses Verhaltens ist es übrigens nicht mehr, jemanden aus dem SUV heraus anzuschreien wegen einer McDonalds Tüte auf einer Klimademo. Nein, im echten Leben haben diese Menschen angefangen, uns zu bespucken, unsere Klingelschilder und Türen zu beschmieren.
Die Art, wie wir kommunizieren, beeinflusst unser Denken und damit auch unser Handeln. Während das bei aggressiver Sprache solche negativen Effekte hat, können wir uns das aber auch zu eigen machen. Wenn wir immer wieder über die Folgen und notwendigen Veränderungen der Klimakrise reden, korrigieren wir unser Denken und Handeln fast automatisch.
Ein Smartphone kann für das Kommunizieren und den Klimaschutz übrigens ein ziemlich gutes Werkzeug sein. Es kann eben nicht nur zum nächsten Supermarkt navigieren, sondern auch zum nächsten Wochenmarkt. Oder zur nächsten Klimademo.
Theresia Crone
Theresia Crone engagiert sich seit Anfang 2019 als Klimaaktivistin. In ihrer Heimat Schwerin war sie bei Fridays for Future und im Landesschülerrat aktiv. Neben ihrem Jurastudium in Köln schreibt sie Kolumnen für die Schweriner Volkszeitung. Im Herbst wurde sie von der Landesregierung in den Zukunftsrat des Landes MV berufen. Zuletzt war sie bundesweit in den Medien für ihren Rücktritt vom „Rat für Umwelt und Nachhaltigkeit“ wegen der Unterstützung der Landesregierung für die Pipeline Nord Stream 2.